Als mir meine Mutter vor einiger Zeit vorschlug das griechisch-orthodoxe Kloster Maria Schutz in St. Andrä am Zicksee zu besuchen, um dort eine Vesper mitzufeiern, war ich gleich begeistert. Als praktizierende Katholiken ist die Teilnahme an liturgischen Feiern (Sonntagsgottesdienste, Tageszeitgebet) eine Möglichkeit den Glauben zu leben, ein theologischer Ort (locus theologicus), und daher immer willkommen.

Meine Mutter war mittlerweile sehr vertraut mit den Abläufen im Kloster und so fuhren wir an einem Samstagabend um 17 Uhr ins Kloster zur Vesper (Esperinos). Was wir aber nicht bedacht hatten war, dass dieser Samstag in einer besonderen Zeit lag und daher die Vesper schon um einiges früher begann, was zur Folge hatte, dass wir zu spät waren…

Die Bruderschaft hatte bereits mit der Feier im Hl. Kellion des hl. Apostels Bartholomäus begonnen. Da wir ohnehin schon zu spät waren, sah ich mir noch den Garten des Klosters an bevor ich in die Kirche ging. Sehr selbstbewusst betrat ich den Kirchenraum. Ich war überzeugt, ich kannte mich ja gut aus mit Tageszeitliturgie! Doch meine innere Hochnäsigkeit hatte zur Folge, dass ich die Türschwelle übersah und ich in die Kirche hineinstolperte – im wahrsten Sinne des Wortes.

Aber anstatt auf den Knien zu landen, fing mich etwas auf, was mir zuvor noch nie zu Ohren gekommen war. Anstatt den Boden der Tatsachen zu spüren, durfte ich Töne hören, die mich mit einem Mal verzauberten und vor einem Sturz bewahrten. Ein ganz besonderer Klang der mich auffing, sowohl körperlich als auch geistig. Aufgefangen und getragen von etwas, das man nicht nur mit den Ohren, sondern acuh mit dem Herzen hört.

Was war es nun, das mich auffing?

Der Byzantinische Gesang! Jene Form der griechisch-orthodoxen Kirchenmusik, die schon mehr als 2000 Jahre alt ist und aus dem Byzantinischen Reich (Byzantion = Konstantinopel = Istanbul) stammt. Der einstimmige Gesang wird ohne instrumentale Begleitung gesungen. Das Tonsystem gliedert sich in 8 Tonarten (Oktoechos) und wird auf Griechisch gesungen. Der Ison oder Isocratima ist der erste und langanhaltende Klang, der den Gesang begleitet.

Seit 12. Dezember 2019 ist der Byzantinische Gesang auch UNESCO Weltkulturerbe!

https://www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-weltweit/neuaufnahmen-2019#item-25131

Meine mangelnde Demut hat mir eine neue ganz besondere Welt offenbart – Dank sei Gott, dem Herren. Lassen auch Sie sich von den Klängen des Byzantinischen Gesangs in unserem Kloster auffangen, verzaubern, begleiten, ohne vorher zu stolpern…