Und wann ist Weihnachten? Diese Frage haben Sie vielleicht in den vergangenen Wochen oft gehört, sehnsüchtig von Kindern ausgesprochen , die es überhaupt nicht mehr erwarten konnten. Wann ist Weihnachten? Diese Frage hat in einem anderen Zusammenhang durchaus ihre Berechtigung. Denn: nicht alle christlichen Kirchen feiern heute. Katholische und evangelische – ja. Aber zahlreiche sogenannten Ostkirchen, allen voran die russisch-orthodoxe, feiern erst im Jänner, zwei Wochen nach den Feiertagen der westlichen Kirchen. Es gibt auch hier Ausnahmen, aber die Gründe dafür sind im wesentlichen kalendarischer Natur: Während die Kirchen des Westens den auf einen Papst zurückgehenden gregorianischen Kalender als Richtschnur haben, richten sich viele Kirchen des Ostens nach dem älteren julianischen Kalender. Mit anderen Worten: das Weihnachtsfest hat in Ost und West den selben Inhalt – aber häufig ein anderes Datum. Häufig – nicht immer eben. Die griechisch-orthodoxe Kirche feiert zum Beispiel jetzt und nicht im Jänner. Und wie Weihnachten im griechisch-orthodoxen Kloster in Sankt Andrä am Zicksee im Burgenland gefeiert wird, das hat Maria Harmer in Erfahrung gebracht. Noch wohnen die Mönche ja in einem Reihenhaus mit Kapelle. Die Errichtung des orthodoxen Klostergebäudes im Burgenland steht ja noch bevor, aber gebetet und gefeiert wird natürlich jetzt schon.
Von der Straße, die zum Bahnhof der 1.500-EinwohnerInnen-Gemeinde führt, gelangt man durch einen gemauerten Ziegelbogen in den Innenhof des Reihenhauses. Der Nussbaum ist auch im Winter ein prägendes Element, aber Herz und Zentrum des Häuserkomplexes ist der Gebetsraum, ist die Kapelle. Hier taucht man ein in eine andere Welt.: Weihrauch, vergoldete Ikonen, viele dünne Kerzen in Gefäße mit Sand gesteckt. Mehrmals am Tag treffen die Mönche einander hier zum Gebet.
40 Tage vor dem Weihnachtsfest hat eine Fastenzeit begonnen. Milch und tierische Produkte kommen in dieser Zeit nicht auf den Tisch. Auch der 24. Dezember selbst fällt noch unter das Fastengebot. Vergangene Nacht haben die Mönche hier in der stimmungsvollen Kapelle Weihnachten gefeiert, erzählt Abt Paisios (Jung).
[Originalton Abt Paisios:] „Für uns im Kloster jetzt ist Weihnachten ein besonderes Fest, wenn auch nicht in der Dimension wie es der Westen feiert. Es ist ein sehr, sehr hoher Festtag , aber die höchste Stellung hat Ostern (Pascha) für uns – und dennoch – auch Weihnachten feiern wir natürlich mit der großen Akrynie, der Nachtwache, in der Nacht, also 4 Stunden, 5 Stunden. Anschließend trifft sich die ganze Gemeinde zum ersten Essen. Das Fasten ist gebrochen, also gibt es dann auch Speisen, die es jetzt 40 Tage eigentlich nicht gibt, wie tierische Speisen und dergleichen mehr. Am Morgen dann ist Ruhe im Kloster. Also das ist einer der wenigen Tage, wo die Väter einmal länger schlafen können. Und dann zu Mittag hat der Abt gekocht. Das ist der Tag, wo auf jeden Fall der Abt kocht. Und es gibt ein Festessen an dem Tag. “
Abt Paisios streicht sich über seinen langen, weißen Bart und schmunzelt.
[Originalton Abt Paisios:] „Ich koche sehr gerne, ich koche auch sonst sehr häufig im Kloster. Normalerweise haben wir eine Speise, aber an Weihnachten sind es dann drei Gänge, die der Abt kocht. So ist es eben eine Suppe, die dabei ist. Normalerweise essen wir in den Klöstern kein Fleisch, aber an dem Tag werde ich wohl irgendeine gute Speise machen, allein schon für die Gäste. Und vielleicht ist eine meiner Lieblingsspeise: Rindsrouladen nach Mama´s Art.
Geboren wurde der Mann mit den strahlenden Augen an der deutsch-französischen Grenze.
[Originalton Abt Paisios:] „Mama war evangelisch, Papa katholisch. Ich wurde damals katholisch. Meine Schwester auch. Wir sind zu zweit. Mit 14 Jahren bin ich dann ins Internat gegangen; bei den Karmeliten in Bamberg, war eine sehr schöne Zeit. Nach der Matura bin ich dann in ein Kloster in Niederbayern eingetreten, wurde Benediktiner. Habe als solcher dann in Heiligenkreuz studiert, was auch eine wunderschöne Zeit war. Gottseidank habe ich auch einen guten Kontakt mit Abt Maximilian, der damals mit mir in den gleichen Jahrgängen war. Bin dann später zurück nach Deutschland. Ich habe damals gesucht, wusste nicht so recht was für mich jetzt so ist und kam dann mit der Orthodoxie in Berührung. Ich war so fasziniert, dass ich damals einfach alle Brücken abgebrochen habe und bin dann nach Griechenland gegangen (und) orthodox geworden.“
Über die orthodoxe Liturgie sagt der Mönch mit der schwarzen, traditionellen Kopfbedeckung und dem langen schwarzen Gewand:
[Originalton Abt Paisios:] „Sie ist für westliche Menschen sicher erstmals gewöhnungsbedürftig . Man braucht eine gewisse Zeit, um hinein zu kommen. Aber, das was ich vermisst habe in der katholischen Liturgie – ohne es bewerten zu wollen – aber das war dieser Faden hin zu Gott, zu dieser Mystik, also zu diesem Übernatürlichen, was die Liturgie ja mitprägt seit alter Zeit, dass der oft gefehlt hat. Es war eher eine Versammlung von Gläubigen, die schön gestaltet werden konnte, alles keine Frage, aber so dieser Gedanke „Gott tritt ein in diese Gemeinschaft“, das ist etwas, was ich als Erfahrung gemacht habe in der orthodoxen Liturgie, denn sonst könnte man kaum aushalten, dass unser längster Gottesdienst – nicht hier, wir sind zu wenige, aber in unseren Mutterklöstern bis zu 14 Stunden geht. Ich glaube, dass könnte man sonst nicht, und zwar nicht nur ertragen, sondern feiern. Also die Liturgie ist sehr vielfältig. Sie ist sehr mit Riten, sehr stark geprägt. Gesängen. Ist bei uns vielleicht sicher auch ein Problem für die Leute, denn die Gesänge… Ich bemühe mich schon bei den örtlichen heiligen Festen deutsche Texte zu schreiben für die Melodien. Die gesungenen Teile sind zum größten Teil griechisch, weil wir da noch keine anderen Materialien haben. Die Gebete deutsch.“
Die weihnachtliche Festzeit dauert bis zum 6. Jänner.
[Originalton Abt Paisios:] „Und dann beginnt die normale Zeit wieder, aber natürlich der ganze Schmuck, den wir ja erst zu Weihnachten machen, das wäre schade, nach zwei Wochen den schon wieder weg zu nehmen. Also wir halten es hier mit der westlichen Tradition und halten das bis zum 2. Februar, wobei am 1. Februar dieses Jahr die Wasserweihe sein wird. Also ein schöner Abschluss dieser Tage.“
Die Wasserweihe nimmt Metropolit Arsenios (Kardamakis) vor. Zur geplanten Grundsteinlegung des neuen Klosters nach Ostern wird aber nicht nur er, sondern auch der griechisch-orthodoxe ökumenische Patriarch Bartholomäos von Konstantinopel erwartet. Patriarch Bartholomäos, so wie Papst Franziskus haben das Projekt befürwortet. Doch im Ort gab es Widerstand. Nicht gegen das Kloster, aber gegen den Standort. Nun wurde die Bauverhandlung abgehalten. Der Grundsteinlegung des ersten orthodoxen Klosters in Österreichs sollte nichts mehr im Wege stehen. [Ö1, Dr. Maria Harmer/25.12.2019]
Der Beitrag kann hier online nachgehört werden.
Ö1 Lebenskunst: Griechische Weihnacht im Burgenland (Sendung vom 25.12.2019)
Link zum Ö1-Radiobeitrag vom 25. Dezember 2019: