Das diesjährige Martinsfest der Diözese Eisenstadt im Dom zu Eisenstadt stand ganz im Zeichen des Besuchs Seiner Allheiligkeit, des ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I. und der Stiftung eines Grundstückes in St. Andrä am Zicksee zur Gründung des ersten griechisch-orthodoxen Klosters in Österreich. Unter den geladenen Gästen befand sich auch der Präsident des päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurienkardinal Kurt Koch, der eine Grußbotschaft von Papst Franziskus anlässlich des Patroziniumsfestes der Diözese Eisenstadt verlesen durfte. Dabei brachte Seine Heiligkeit Papst Franziskus seinen Dank gegenüber der Pfarre Sankt Andrä am Zicksee zum Ausdruck für die Unterstützung des Klosterprojektes. Am Ende der Grussbotschaft erteilte der Pontifex Maximus seinn apostolischen Segen ausdrücklich auch an die „Gläubigen der Pfarre Sankt Andrä“. Mit der Stiftungsurkunde, die von Diözesanbischof Dr. Ägidius Zsifkovics an den Metropoliten von Austria und Exarchen von Ungarn und Mitteleuropa Dr. Arsenios Kardamakis übergeben wurde, geht das Grundstück in St. Andrä am Zicksee symbolisch in die Obhut der griechisch-orientalischen Metropolis von Austria über. Gleichzeit erhielt Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel eine handgefertigte Kopie der Statue des Heiligen Andreas aus der Pfarrkirche von St. Andrä am Zicksee in Kleinformat. Überreicht wurde das wertvolle Präsent vom St. Andräer Ratsvikar Ing. Werner Halbauer und dem PGR-Vorstandsmitglied Gabriele Ringbauer. Die Holzstatue wurde vom renommierten slowakischen Künstler Jaroslav Bujnak angefertigt, der im Sockel der Statue ein Glas mit Erde aus dem Grundstück von St. Andrä eingearbeitet hat.
Die päpstliche Grußbotschaft im Wortlaut (verlesen am 11.11.2014 im Dom zu Eisenstadt von S. E. Kurienkardinal Kurt Koch):
„Meinem verehrten Bruder, Bischof Ägidius Zsifkovics, Bischof von Eisenstadt,
Mit Freude habe ich erfahren, dass heuer das Fest Eures Diözesanpatrons, des Heiligen Martin, in besonderer Weise eine Feier der ökumenischen Brüderlichkeit. Aus diesem Anlass entbiete ich Dir und den Gläubigen der Diözese Eisenstadt sowie den griechisch-orthodoxen Metropolie von Österreich und Exarchen von Ungarn und Mitteleuropa, Seine Eminenz Arsenios Kardamakis, und allen griechisch-orthodoxen Brüdern und Schwestern in Österreich herzliche Grüße und Segenswünsche, die Euch der Präsident des päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch persönlich überbringt. Mit besonderer brüderlicher Zuneigung grüße ich den ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Seine Allheiligkeit Bartholomaios I., der eigens nach Eisenstadt gekommen ist, um den verheißungsvollen Beginn des ersten orthodoxen Klosters in Österreich zu feiern und beim Gottesdienst im ehrwürdigen Martinsdom anwesend ist. Ich danke Ihm ganz herzlich für dieses liebenswürdige Zeichen ökumenischer Verbundenheit und freue mich schon heute, ihm am Fest des Heiligen Andreas in Phanar in Konstantinopel erneut begegnen zu dürfen. Der Heilige Martin, der Patron Eurer Diözese, hat das Herz der Menschen mit dem Teilen seines Mantels zugunsten eines Armen berührt. In seinem Geist und deshalb mit großem Wohlwollen hast Du, lieber Mitbruder im Bischofsamt, den Wunsch des griechisch-orthodoxen Metropoliten von Österreich Arsenios Kardamakis aufgenommen, ein Kloster zu gründen, dass den orthodoxen Christen im Burgenland und in den angrenzenden Regionen als ein spirituelles Zentrum dienen soll. Um dieses wichtiges Projekt zu verwirklichen zu helfen, hast Du der griechisch-orthodoxen Kirche ein Stück Land aus kirchlichem Besitz zur Verfügung gestellt und überreichst zum Festtag des Heiligen Martin im Dom zu Eisenstadt Metropolit Arsenios die Stiftungsurkunde. Es ist dies ein wunderbarer Ausdruck Eurer ökumenischen Zusammenarbeit. Mit diesem Akt wird einmal mehr jene Brückenfunktion zu den Völkern Osteuropas hin deutlich, die mein Vorgänger im Petrusamt, der Heilige Johannes Paul II., anläßlich seines Pastoralbesuchs am 24. Juni 1988 der Diözese Eisenstadt ans Herz gelegt hat, als er Euch einlud, mit den Völkern Osteuropas Kontakte zu pflegen und auch mit diesen zu teilen, materiell und geistlich. Das zugesicherte Grundstück für das Kloster befindet sich auf den Boden der Pfarre Sankt Andrä, der unser aller dankt gilt, dass sie dieses ökumenische Vorhaben wohlwollend und großherzig unterstützt. Der Patron dieser Pfarre verbindet sie mit der allehrwürdigen Kirche von Konstantinopel, die den Heiligen Andreas als Protoklitos verehren. Ein orthodoxes Kloster auf burgenländischen Boden gemeinsam zu verwirklichen ist ein vielversprechenden Zeichen der ökumenischen Verantwortung. Ein Kloster als Ort des Gebetes ruft uns vor allem in Erinnerung, dass das Gebet für die Einheit die grundlegende ökumenische Tat ist. Die Einheit wird uns nur geschenkt, wenn wir für den Heiligen Geist, die Quelle aller Einheit empfänglich sind. Das Zweite Vatikanische Konzil hat deshalb auch die spirituelle Ökumene als „Herz der ökumenischen Bewegung“ bezeichnet. Sie ist als Gebetsbewegung entstanden und ist im Grunde, wie der große Förderer der spirituellen Ökumene, Abbé Paul Couturier, sehr schön gesagt hat, ein unsichtbar in der Welt verbreitetes Kloster. Mit der Gründung eines orthodoxen Klosters wird diese spirituelle Ökumene sichtbar und konkret. In Dankbarkeit für dieses Zeichen gelebter Ökumene erteile ich allen im Eisenstädter Martinsdom zur Feier der Heiligen Eucharistie Versammelten, den Gläubigen der Pfarre Sankt Andrä und der Diözese Eisenstadt sowie den orthodoxen Brüdern und Schwestern im Burgenland und ganz Österreich von Herzen meinen apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, am 1. November 2014, dem Hochfest Allerheiligen.“
Die Grußbotschaft Seiner Heiligkeit Papst Franziskus (Offizielle Publikation auf der Webseite des Heiligen Stuhles)
Die Grußbotschaft Seiner Heiligkeit Papst Franziskus (Faksimile der Originalurkunde)
Begrüßungsworte von Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics am Martinsfest 2014:
„Der Friede sei mit euch! Mit diesem Gruß des auferstandenen Herrn grüße ich das versammelte Gottesvolk unserer Diözese aus allen Volksgruppen des Landes mit allen Priestern, Diakonen und Ordensleuten sowie mit den Vertretern der Politik und des öffentlichen Lebens, allen voran der Herr Landeshauptmann, der Herr Landeshauptmannstellvertreter und der Herr Bürgermeister der Landeshauptstadt und Freistadt Eisenstadt.
Ein herzliches „Grüß Gott!“ gilt heute besonders den Gläubigen der Pfarre St. Andrä am Zicksee mit ihrem Herrn Pfarrer Sebastian Augustinov – Ihnen sei heute besonders Dank gesagt für Ihre ökumenische Offenheit, mit der sie beispielgebend sind für die Gründung des 1. Orthodoxen Klosters in Österreich.
Mein besonderer Gruß gilt dem hohen geistlichen Besuch unserer Diözese am heutigen Martinsfest, an allererster Stelle Seiner Allheiligkeit, dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I.!
Panajótate, me megáli hará sas kalosoríso stin Episkopí tu Eisenstadt ja tin eortí tu Agíu Martínu.
Ihre Anwesenheit ist für uns ein historischer Moment und gleichzeitig auch ein wichtiges geistliches Ereignis. Vor allem aber ist es für uns ein Geschenk Gottes!
Ich begrüße Seine Eminenz, den Metropoliten von Austria, Erzbischof Arsenios Kardamakis, Metropolit Athanasios von Chalcedon, Bischof Nikephoros von Amorion sowie die gesamte Delegation des Ökumenischen Patriarchates von Konstantinopel.
Mit großer Freude und Dankbarkeit begrüße ich den Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Seine Eminenz Kardinal Kurt Koch, einen großen Kenner und Freund unserer Diözese, der heute als Vertreter von Papst Franziskus bei uns ist, und ich begrüße den ständigen Vertreter des heiligen Vaters in Österreich, unseren verehrten Apostolischen Herrn Nuntius, Erzbischof Peter Stefan Zurbriggen.
Mein freundschaftlicher Gruß gilt dem Bischof von Bozen-Brixen, Seiner Exzellenz Ivo Muser, dem Vortragenden bei unserer Festakademie, sowie dem Hochmeister des Deutschen Ordens, Seiner Exzellenz Bruno Platter, und meinem verehrten Vorgänger Bischof Paul.
In ökumenischer Verbundenheit begrüße ich unseren Herrn Superintendenten Manfred Koch, der mit uns so wie jedes Jahr das Martinsfest feiert, und mit ihm alle evangelischen Christen unseres Landes.
Wenn wir heute gemeinsam die Liturgie feiern, so legen wir die Bitte für die Einheit der Christen vor den Herrn. Möge der bevorstehende Besuch von Papst Franziskus bei Eurer Allheiligkeit in Konstantinopel zum Andreasfest ein weiterer Schritt auf diesem Weg sein! Vor den Herrn legen wir auch unser Gebet für die verfolgten Christen in vielen Teilen der Welt. Und wir schauen dabei auf das Leben und Wirken des heiligen Martin, um von ihm zu lernen, was wir als Christen unserer gespaltenen Kirche und unserer zerrissenen Welt zu ihrer Heilung geben können: die Liebe zu Gott und die Liebe zum Mitmenschen, besonders zu dem, der in Not ist.
Gemeinsam mit unserer Dommusik bitten wir um das Erbarmen des Kyrios.“
Geistliches Wort Seiner Allheiligkeit des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I.:
„Ehrwürdiger Metropolit von Austria Arsenios, Hirte der von Gott behüteten, heiligen Metropolie unseres Ökumenischen Patriarchates,
Eure Exzellenz, Bischof Ägidius, lieber Bruder im Herrn,
Ehrwürdige Eminenzen und Exzellenzen, heilige Brüder im Amte,
Geschätzter Herr Landeshauptmann, sehr geehrter Herr Bürgermeister dieser historischen Stadt,
Geschätzte und Geliebte in Christus, Ihr alle, die diesem Gottesdienst beiwohnen,
Wir freuen uns, dass uns heute die Möglichkeit gegeben wird, hier, in Ihrer Stadt, anwesend zu sein. Durch unsere Teilnahme an dem heutigen Fest, des Gedenkens an den Heiligen Martin, den Beschützer und Patron Ihrer Stadt, sind wir voll Freude und haben Vertrauen und Zuversicht in den Fortschritt der Bevölkerung dieser Stadt und in den Fleiß der hiesigen Regierung für die Erhaltung des außergewöhnlichen Erscheinungsbildes Ihrer Stadt.
Wir freuen uns auch, weil unsere Anwesenheit hier mit der Feier des Heiligen Martin zusammenfällt, einer der wichtigsten Heiligen der gesamten Kirche des ersten Jahrtausends und eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des christlichen Westens. Sein Werk, das er an der Diözese von Tour tat, an ganz Galatien, dem heutigen Frankreich, aber auch am ganzen Westen, ist unschätzbar.
Die Bevölkerung seiner Diözese in Tour verdankten dem Heiligen Martin und verdanken ihm bis heute ihre christliche Identität, denn es handelte sich beim Heiligen Martin um einen Missionar, welcher mit seinen missionarischen Reisen die Bekehrung der Bevölkerung zum Christentum bewirkte. Deshalb wird dieser große Hierarch von Tour im Westen mit zahlreichen Kirchen geehrt und sein Name findet sich unter den beliebtesten Taufnamen in seinem Volk, welches ihn als Beschützer und Mittler zu Gott preist.
Der Heilige Martin bekleidete, noch als Katechumene, einen Bettler mit der Hälfte seines Umhanges und wurde daraufhin einer göttlichen Vision gewürdigt, des Anblicks des unbeschreiblich schönen Angesichtes des Herrn, der da sprach: “Was du dem Geringsten meiner Brüder getan hast, das hast du an mir getan” (Mt. 25, 40-41). Sodann bekleidete Martin selbst viele seiner Mitmenschen mit dem Gewand der Unvergänglichkeit und des Lichtes, welches der christliche Glaube durch die Taufe verleiht. Aber nicht nur durch die Taufe mit Wasser, sondern auch durch die Taufe der Umkehr wirkte dieser Heilige Bischof, da er die Grundlagen für die Entwicklung des Mönchtums im Westen legte, indem er selbst als Mönch und Erbauer des Klosters von Marmoutier das „engelsgleiche Leben” führte. Laut seiner Vita war der Heilige Martin stets im Gebet (semper orbat), wodurch er das Gebot “Betet ohne Unterlass!” erfüllte. Er hatte die Augen seiner Seele und seines Herzens stets gen Himmel gerichtet (animus caelo semper intentus), was ein Teil des mystischen Lebens in Christus ist.
Der heutige Tag hat aber noch eine andere Bedeutung:
Heute gedenkt die Orthodoxe Kirche der Heiligen Märtyrer Minas, Viktor, Vincent und Stefanie, sowie unseres Heiligen Vaters und Bekenners Theodors des Studiten, welcher “von Kindheit an zum tugendhaften Leben erwählt, in der Heiligen Schrift erzogen und in höchstem Grade zur Erkenntnis emporgeführt worden war… der in jeder Form der Tugend gestärkt und gewürdigt wurde der Salbung und des Priestertums” (s. seine Heiligenvita im Synaxarion) und des Bekenntnisses.
Die Heiligen Minas, Viktor und Vincent, sowie die Heilige Stefanie, die durch das Martyrium “nicht die Wut der Herrschenden fürchteten”, zusammen mit dem Heiligen Theodor dem Studiten, welcher durch das Bekenntnis “ein Handelnder in der Theorie, in den Taten ein Theologe, ein fähiger Asket, gepriesener Erzmärtyrer, Säule der Orthodoxie, Grundfeste der Kirche” war, bilden mit dem Heiligen Martin, “wegen seiner Lehre und der mönchischen Askese”, eine Brücke zwischen Osten und Westen und ein gemeinsames geistliches Erbe auf unserem ökumenischen Weg.
In diesem Rahmen findet die Wende zu der gemeinsamen geistlichen Tradition zweier Welten statt – der Welt des Ostens und des Westens – und so soll auch der heutige Versuch ihrer Annäherung eingeordnet werden. Die Zusammenarbeit und unser Dialog der Liebe und der Wahrheit mit der Römisch-katholischen Kirche, welcher sich in den letzten Jahrzehnten entwickelte, schafft beste Voraussetzungen sowohl für das gegenseitige Verständnis aller Christen und ihrer gegenseitigen Annäherung, als auch für die gemeinsame Bekämpfung der neu auftauchenden Probleme unserer Zeit. Ein Beispiel hierfür ist die Verfolgung, welche alle Christen – unabhängig vom Bekenntnis – erleiden, vor allem natürlich im Mittleren Osten, aber darüber hinaus auch auf der ganzen Welt. Trotz der scheinbaren Freiheit, der Entfaltung der Würde der sogenannten Menschenrechte, der Religionsfreiheit und der Identität des Menschen kommt es in den letzten Jahre zum irrationalen Aufkommen des religiösen Fanatismus, zu Intoleranz, zu Leiden auf Grund mangelnder Bruderliebe und zu Rachegelüsten.
Unsere Verantwortung als Christen ist sehr groß, da wir es dem alten Wein des Glaubens schulden, diesen umzugießen in heutige Krüge des kämpfendes Volkes Gottes, welches von zahlreichen Problemen und alltägliche Schwierigkeiten aller Art erdrückt wird.
In diesen Rahmen der Bemühungen um gegenseitiges Verständnis und Verbesserung der Beziehungen ordnet sich natürlich die mit großer Dankbarkeit verbundene Stiftung eines Grundstückes seitens der römisch-katholischen Kirche an die orthodoxe Metropolis von Austria, und damit an das Ökumenische Patriarchat, zur Errichtung eines orthodoxen Klosters ein; gleichsam als Zeugnis, Bekenntnis und Mission, entsprechend den Gaben an uns durch unseren Herrn Jesus Christus, der nach Seinem Heiligen Willen wirkt.
Wir schulden Eurer Exzellenz, dem geliebten Bischof von Eisenstadt Ägidius, tiefsten Dank, da Sie die Wichtigkeit der Gründung und Existenz eines solchen Klosters zur Fortführung jenes mystischen und vom Gebet getragenen Lebens verstehen, welches bereits der Patron Ihrer Diözese, der Heilige Martin, führte und welches ihn würdigte, solch große Wunder zum Erstaunen der Menschen, der Engel und sogar der Dämonen zu vollbringen. In diesem Sinne bedanken wir uns herzlich auch bei der römisch-katholischen Gemeinde des Heiligen Andreas, welche für die besagte Stiftung ihre Zustimmung gab. Von Herzen wünschen wir, dass der gemeinsame Patron dieser Kirchengemeinde und des Ökumenischen Patriarchates, der Apostel Andreas, reichen Lohn für Ihre Liebe schenke, indem er die hiesigen Christen vor jeder Gefahr beschützen möge.
Geliebte Brüder und Schwestern in Christus,
Wir, der Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom und Ökumenischer Patriarch, kommen zu Ihnen aus Konstantinopel, einer Stadt, welche seit mehr als einem Jahrtausend das Herz des Weltgeschehens darstellt. Wir wünschen, dass sich das Wissen vom Martyrium und vom Bekenntnis des Glaubens sowie von einer anderen, unterschiedlichen, Sichtweise verbreitet: Dass nämlich die Orthodoxe Kirche bis heute die ethische, religiöse, geistliche und pastorale Rolle des Martyriums und des Bekenntnisses in ihrer Identität betont.
In erster Linie tut dies das Ökumenische Patriarchat auf der ganzen Welt im Wege seiner Heiligen Metropolien.
Die Kirche von Konstantinopel kümmert sich neben ihrer Verantwortung für die Einheit und Stabilität der orthodoxen Ortskirchen darum, dass der Reichtum des Orthodoxen Glaubens, der Tradition und der Spiritualität ein gemeinsames Erbe für immer mehr Menschen auf der Welt wird. Sie ist überzeugt, dass sie, abgesehen von anderen Wohltaten, positiv dazu beiträgt, ein gutes Klima der Versöhnung und der Zusammenarbeit zwischen den Ortskirchen und deren religiösen Überzeugungen, genauso wie mit den Brüdern und Schwestern der römisch-katholischen Kirche zu schaffen, ein Klima, welches die Menschheit heute so sehr benötigt. Wenn wir die Enttäuschung– um nicht von Verzweiflung zu sprechen – sowie die Angst und den Schmerz der gepeinigten Menschen, welche aus den weltweiten Konflikten entspringen, ernst nehmen, die wir tagtäglich auf den Bildschirmen der Fernseher sehen können, so sind deren Ursachen vor allem geistlicher, religiöser und ethischer Natur.
Versteht, Brüder und Schwestern im Herrn, dass meine Position in der weltweiten Orthodoxie, ebenso wie die des Vorstehers der ehrwürdigen Kirche von Rom, unseres Bruders Papst Franziskus und der anderen kirchlichen und religiösen Zelebranten, unter den Voraussetzungen der heutigen Zeit so entscheidend ist und jeden Tag verantwortungsvoller wird. In einer Zeit, in welcher “die geografischen Distanzen nicht mehr existieren” und “die Liebe der Meisten kalt geworden ist”, ist deswegen die Wachsamkeit, Besonnenheit und Weisheit Gottes notwendig. So sei unsere Position und Verantwortung ein Zeugnis und Bekenntnis, die durch die Waffe der Wahrheit verwirklicht werden, damit wir Christus, unseren Gott, verkünden, der im Fleische in die Welt gekommen ist, gottmenschlich wirkte und die Welt rettete “indem er für uns Menschen den Heilsplan Gottes erfüllte.” Er vereinigte das Weltliche mit dem Himmlischen, fuhr in den Himmel auf und sandte uns den Paraklet, den Heiligen Geist, damit er uns “zur ganzen Wahrheit” führe – nicht nach unserem beschränkten Willen, sondern nach dem schon vor allen Zeiten dagewesenen “Ratschluss des Herrn”; als der Erzengel Gabriel „hinab kam von den Himmeln, nach Nazareth, um sich der Jungfrau Maria zu nahen und ihr zuzurufen, dass sie den Sohn, der vor Adam war, empfangen werde, den Schöpfer Aller und den Erlöser” (s. Hymnen des Festes der Verkündigung der Gottesgebärerin). Ebenso werden die Mönche des in der Gründung begriffenen Orthodoxen Klosters in Ihrer Region die Freude und Ruhe in der Gemeinschaft der Menschen des Burgenlandes verkünden und sie werden sich bemühen, durch ihre Diakonie jeden Menschen ohne Ausnahme als ein Geschöpf Gottes „zum Leben“ und nicht „zur Verdammnis“ zu führen.
Auch wir aus dem Neuen Rom bemühen uns, der Welt und den Menschen diese göttliche Freude der Linderung, der Seelenruhe, der Zusammenarbeit in Liebe und des gegenseitigen Verständnisses zu überbringen und gleichzeitig den Weg des Dialoges der Liebe und der Wahrheit zu gehen, welcher, wenn der Herr es will, zur Einheit in einer Kirche führen wird. In gleicher Weise bemüht sich Seine Heiligkeit Papst Franziskus von Rom, der Einfache, der Demütige, welcher – von Gottes heiligem Willen bewegt – anlässlich des Festes des Thrones des Ökumenischen Patriarchates in Kürze zu uns nach Konstantinopel in den Phanar kommen wird. Wir erwarten ihn mit Freude und Rührung, um die Bemühungen, den Kampf und das Ringen um die Versöhnung und die Einheit des menschlichen Geschlechtes fortzusetzen, aber auch um den Weg zur Vereinigung unserer Kirchen zu einer Kirche zu bekräftigen, gemäß dem Glauben und dem Dogma der Kirche des ersten Jahrtausends.
Wir sind beide fest entschlossen, unter den Bischöfen auf der Welt, den Klerikern und den Gläubigen zu verkünden und zu bekräftigen, dass wir diese geistliche Aufgabe der Kirche unverfälscht bis zum Ende fortführen werden, in vollem Bewusstsein am Steuer der Verantwortung des Herrn stehend, auf dass wir Christus preisen und bekennen: den allzeit Gekreuzigten, den allzeit Auferstandenen. Den allzeit Frieden Schaffenden und allzeit Kraft Gebenden. Den allzeit Anwesenden und auf wundersame Weise die menschlichen Verfehlungen auf sich Nehmenden. Den allzeit den in seinem Namen Getauften brüderlich Helfenden und allzeit uns zu Söhnen und Mitwirkenden des Friedens Verwandelnden zur Erringung der menschlichen Einheit. Das Kloster der Metropolis von Austria des Ökumenischen Patriarchates, welches auf dem gestifteten Grundstück gegründet wird, wird einen festen Grundstein in Österreich bilden, welcher zur Erreichung der Einheit des Leibes Christi beitragen wird, gemäß dem Ausspruch des Evangeliums und der Engel: “Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden, den Menschen Wohlgefallen. Amen.“
Bischof Ägidius J. Zsifkovics anläßlich der Übergabe der Stiftungsurkunde:
„Allheiligkeit! Panajótate!
Geliebter Bruder Bartholomaios!
Wenn wir heute den Tisch des Herrn gedeckt haben und Ihm im eucharistischen Mahl begegnet sind, dann taten wir dies in Vorfreude auf den Tag, an dem unsere beiden Kirchen gemeinsam Mahl halten werden. Als Glieder ein und derselben christlichen Familie, unter einem Herrn und Heiland, Jesus Christus, lieben wir einander und können nicht anders, als uns zum Ziel der Eucharistiegemeinschaft zu bekennen.
Geliebter Bruder! Wir wissen, dass der offizielle theologische Dialog zwischen orthodoxer und katholischer Kirche noch viele Herausforderungen zu bestehen hat. Doch wir dürfen dabei nicht vergessen, dass die volle und sichtbare Einheit aller Söhne und Töchter Jesu in erster Linie nicht durch Debatten und Konsenspapiere zu erreichen ist. So wie unser Glaube nicht bloß eine Setzung menschlichen Denkens ist, sondern die Frucht einer Gabe, so kann uns auch die Einheit letztlich nur geschenkt werden. Wir können die Einheit nicht „machen“, wir können nicht unter Experten verfügen, dass sie zu einem bestimmten Datum vollendet ist. Die Einheit der Christen ist kein intellektueller Prozess. Sie ist ein spiritueller Prozess.
„Wartet nicht auf die Theologen!“, hat Papst Franziskus im Oktober diese Jahres uns Christen aufgefordert. Wir sollen „zusammen vorangehen, füreinander beten und miteinander Werke der Barmherzigkeit tun“ und dabei nicht erst auf Einigung in theologischen Fragen warten. Das bedeutet, dass wir Christen in unseren Herzen alles tun müssen, um der Einheit wieder fähig und würdig zu werden. Wichtiger als Konsenspapiere und ökumenische Erklärungen ist es, dass wir alle in der Liebe und im Glauben wachsen. Dann wird uns auch eines Tages die Einheit geschenkt werden.
Als Metropolit Arsenios mir von seinem großen Wunsch erzählte, im Burgenland ein orthodoxes Kloster gründen zu wollen, damit auch die orthodoxen Christen im pannonischen Raum einen spirituellen Ort haben und es einen Ort der ökumenischen Begegnung geben kann, da fiel mir der geteilte Mantel des heiligen Martin ein. Mit dem Nächsten teilen, wo es ein dringendes Bedürfnis, wo es einen Mangel gibt – das war Martins christliche Botschaft an die Welt! Martinus ist ein Heiliger, der die Tat über das menschliche Wort setzt, die christliche Liebe über den Intellekt – und er lebte zu einer Zeit, in der unsere beiden Kirchen noch eins waren. Die Bitte von Metropolit Arsenios ließ mich begreifen, wie viel der heilige Martin auch und gerade der Ökumene zu sagen hat. Und so, Allheiligkeit, beschloss die Diözese Eisenstadt, eine besondere Martins-Tat gegenüber unseren orthodoxen Mitchristen zu setzen:
[2 Ausfertigungen der Stiftungsurkunde werden gebracht, Sekretär Dr. Orieschnig verliest den Inhalt:]
In Anbetracht des Umstandes, das die Apostel Petrus und Andreas Brüder waren und sowohl katholische als auch orthodoxe Christen Mitglieder ein und derselben Familie sind; im Bewusstsein, dass nach Jahrhunderten der Einheit und den darauf folgenden Jahrhunderten der Trennung die heutigen Zeichen der Zeit die volle Einheit aller Christen herbeisehnen; in dankbarer Erinnerung an die historische Begegnung zwischen Papst Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Athenagoras I. in Jerusalem, mit welcher der Weg zu dieser Einheit eröffnet wurde; in beherzter Erwiderung des erklärten Wunsches von Papst Franziskus und des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Bartholomaios I., für die weitere Annäherung von katholischer und orthodoxer Kirche intensiv arbeiten zu wollen mit dem Ziel, eines Tages die volle Einheit wiederzuerlangen; in gläubiger Betrachtung der Tat des heiligen Martin, der sein Eigentum aus bedingungsloser Nächstenliebe teilte, aus welchem Grunde der Bischof der Martinsdiözese Eisenstadt und die katholischen Christen der auf den heiligen Andreas geweihten Pfarre St. Andrä am Zicksee gegenüber ihren orthodoxen Geschwistern durch die Zurverfügungstellung eines Stückes Land eine Martins-Tat der Nächstenliebe zu setzen wünschten; bringen die Unterzeichneten ihren erklärten Wunsch zum Ausdruck, den Grundstein für das 1. Orthodoxe Kloster Österreichs auf burgenländischem Boden zu legen, um den orthodoxen Christen Pannoniens einen spirituellen Ort zu geben und einen Raum gelebter, von Nächstenliebe und Respekt getragener Ökumene zwischen orthodoxen und katholischen Christen zu ermöglichen, zum Wohl der Gläubigen der Region und als Beispiel geschwisterlicher Liebe für andere. Möge auf diesem fruchtbaren Boden die christliche Einheit wachsen!
+Ägidius J. Zsifkovics
Bischof von Eisenstadt
kismartoni püspök
+Arsenios Kardamakis
Metropolit von Austria
Exarch von Ungarn und Mitteleuropa
Gegeben zu Eisenstadt, am Fest des heiligen Martin im Jahre des Herrn 2014
[Der Diözesanbischof überreicht eine Urkunde an den Ökumenischen Patriarchen; das zweite Exemplar wird dem Metropoliten von Austria überreicht.]
[Diözesanbischof weiter:]
Es ist wohl ein Zeichen von oben, dass sich dieses Stück Land in einer burgenländischen Pfarre mit dem Namen St. Andrä befindet. Der heilige Andreas gilt als der bedeutendste orthodoxe Heilige, als Apostel Konstantinopels, und er ist für die orthodoxe Kirche das, was sein leiblicher Bruder, der Apostel Petrus, für die römisch-katholische Kirche bedeutet. Sie, geliebter Bruder Bartholomaios, gelten als heutiger Erzbischof von Konstantinopel und Ökumenischer Patriarch als der 270. Nachfolger des Apostels Andreas.
[Der Ratsvikar der Pfarre St. Andrä Ing. Werner Halbauer und die Messner, Kantorin und PGR-Vorstandsmitglied der Pfarre St. Andrä Gabriele Ringbauer bringen die Andreas-Statue]
Diese Statue ist eine Kopie der Andreas-Statue in der Pfarrkirche von St. Andrä am Zicksee, dem Ort, wo die Metropolis von Austria ihr Kloster errichten will. Im Sockel der Statue ist ein Gefäß eingelassen, das Erde von diesem Stück Land enthält. Es ist gute, fruchtbare pannonische Erde. Doch die Erde allein ist nichts, unsere Bauern im Burgenland wissen das. Damit etwas wachsen kann, braucht es die menschliche Mühe. Und es braucht den Segen von oben. Das gilt auch für die Ökumene.
Ich vertraue daher Sie, Allheiligkeit, den lieben Bruder Metropolit Arsenios, das geplante orthodoxe Kloster, dem hiermit die Grundlage gegeben werden soll, alle orthodoxen Schwestern und Brüder, alle Gläubigen unserer Diözese, insbesondere die Menschen der Pfarre St. Andrä am Zicksee, und uns alle der besonderen Fürsprache unserer Heiligen an: der Fürsprache des heiligen Andreas und seines Bruders, des heiligen Petrus – die uns immer daran erinnern, dass unsere beiden Kirchen Geschwister in ein und derselben christlichen Familie sind; und der Fürsprache des heiligen Martin, dessen Fest wir heute begehen und der uns mit seinem gelebten Beispiel den Weg zu stetig wachsender Liebe und damit zur christlichen Einheit weist.
„Ökumene“ bedeutet (die) „bewohnte Erde“. Möge diesem Stück Erde in St. Andrä auf die Fürsprache des heiligen Andreas und des heiligen Martin reiche Frucht erwachsen. Möge sie bewohnt werden! Und möge diese kleine bewohnte Erde St. Andrä dem ganzen Erdkreis Beispiel und Vorgeschmack unserer kommenden Einheit sein!“